28.10.2021 von Symposium Feines Essen + Trinken in Uncategorized

Nachbericht: Fernkost-Masterclass für die künftigen Führungskräfte des LEHs

Am 19. und 20. Oktober 2021 fand der Nachwuchskongress Take-Off des Symposiums Feines Essen + Trinken in Stemwede-Levern statt. Die künftigen Führungskräfte der Lebensmittelwirtschaft wurden im Unternehmenssitz von RILA. Die Genussentdecker empfangen. Die Unternehmensgruppe führt seit über 50 Jahren internationale Gerichte in die deutsche Genusskultur ein und war somit der perfekte Gastgeber für den thematischen Kongress-Schwerpunkt: Fernkost, von der Produktion bis zur Inszenierung am PoS entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

An den zwei Kongresstagen erwartete die Teilnehmenden ein volles Programm: Networking, praxisnahe Fachvorträge und Betriebsbesichtigungen vermittelten wertvolles Wissen, das nach dem Kongress den Teilnehmenden als Inspiration für die Weiterentwicklung ihrer Betriebe dienen wird.

Einkaufen in Zeiten von Corona

Die Pandemie hat das Verbraucherverhalten nachhaltig verändert, wie Heinz Grüne vom Rheingold Institut in seinem Vortrag “Wie Ethno-Küchen die deutsche Genusskultur beeinflussen” anhand zweier Verbraucherstudien präsentierte. Wie verändern die AHA-Regeln und die Maskenpflicht die Shopper Journey am PoS? Grüne sprach pragmatische Faktoren an – die Masken verdecken den Blick auf die unteren Regale und Verkostungen sind nicht mehr möglich. Der Einkauf im Lockdown ist darüber hinaus die letzte mögliche Erlebniswelt und ein soziales Event geworden. Hierbei gewinnen Marken an Bedeutung, denn sie dienen dem Verbraucher aufgrund ihrer Beständigkeit psychologisch als Unterstützung.

Rationaler vs. emotionaler Einkauf

In der Fernkost-Studie von 2017/18 bilden sich deutliche Einkaufschoreographien ab. Im Discounter tendieren die Verbraucher zum pragmatischen Einkauf, bei dem die Einkaufsliste abgearbeitet wird. Bei größeren Kaufstätten wird hingegen eine sinnliche Erfahrung beschrieben, die zu einer Abweichung vom Einkaufsplan animiert. Das emotionale Entdecken neuer Produkte passiert eher bei den Frischetheken sowie im Süßigkeitsbereich; bei den Trockenregalen wiederum ist rationaler Vorratseinkauf angesagt. Die positive Assoziation der Länder-Spezialitäten mit Urlaub und Auszeit bietet die Grundlage für eine sinnlich ansprechende Inszenierung der Ethno-Produkte.

Die Verbraucher wünschen sich laut der Studie, dass die Erlebniswelt der Feinkost auch als solche erkennbar ist. Länderzuweisungen erleichtern die Orientierung, ebenso eine besondere Beleuchtung sowie wiedererkennbare Länderpräsentation. Die Nachfrage nach Convenience-Produkten und Rezeptinspiration ist auch im Fernkost-Segment stark.

Authentische Inszenierung – wie geht das?

Der Vortrag von Günther Nessel, Gründer von taste! Die Markenappetitmacher, setzte bei der Frage an, wie authentische Fernkost-Inszenierung gelingt. Nessel sieht Ethno-Food als Teil einer globalen Zukunft. Hierfür sollte allerdings die aktuelle Präsentation einzelner Länderküchen am PoS an reale Bedingungen angepasst werden: “Man muss tiefer die kulturellen Einflüsse verstehen”, sagt Nessel. “In der mexikanischen Abteilung stehen noch oft Sombreros als Sinnbild für das Land. Wenn Sie nach Mexiko reisen, werden Sie dort keinen einzigen Sombrero sehen. Solche Inszenierungen muss man hinterfragen.” Die Agentur taste! Die Markenappetitmacher bietet Promotionlösungen, die sowohl auf Authentizität abzielen als auch auf das Abholen des durchschnittlichen Verbrauchers in Deutschland. Dieser verfügt im seltenen Fall über authentische Erfahrungen von anderen Kulturen. Worauf es zum Schluss ankommt, ist ein Vertrauensverhältnis: “Der Verbraucher muss darauf vertrauen können, dass der Händler die richtigen Produkte im Regal stehen hat und ihm das vermitteln kann.”

Wohin mit der Trockenwurst? Von der Effizienz der angepassten Produkt-Platzierung

Im Gegenzug zu dem visionären Vorgehen von Nessel, stellte Andreas Luppold vor, welche datenbasierten Handlungsempfehlungen die Agentur Yagora dem Handel an die Hand geben kann. Luppolds prägnantester Case: Eine Untersuchung zur bestmöglichen Platzierung einer Trockenwurst. Der Produzent wollte diese als Snack bei den Chips platzieren. Das Shopper-Verhalten am PoS widersprach diesem Vorhaben: Sie nehmen den Kaufimpuls bei der Trockenwurst eher wahr, wenn diese beim Fleisch zu finden ist. Gute Shopper-Orientierung und der Wille, die eigenen Annahmen auf den Prüfstand zu stellen sowie entsprechende Anpassungen vorzunehmen, prägen einen auf Wachstum ausgerichteten Lebensmitteleinzelhandel.

Diverse Regionen – diverse Bedürfnisse

Der Take-off lebt vom Austausch, deshalb war das Kernstück des ersten Kongresstages eine Diskussionsrunde mit Jörg Pretzel, dem Vorstandvorsitzenden des Symposiums Feines Essen + Trinken. Geleitet von Impulsfragen hatten Teilnehmende die Möglichkeiten, die Erfahrungen aus ihren Betrieben zu teilen. Und die sind genauso vielfältig wie die Regionen, in denen die LEHs der Nachwuchsführungskräfte stationiert sind: Die Diversität der Verbraucher an den jeweiligen regionalen PoS erschwere die Etablierung von Ethno-Food. Wenn bestimmte kulturelle Gemeinden in einer Gegend stärker vertreten sind, müssten die entsprechenden Fernkost-Anteile vergrößert werden. Ebenso unterschiedlich sind mögliche Vorgehen bei der Entscheidung über die Aufnahme von einzelnen Sortimenten: Teils werden die Produkte aus neuen Ländern im Austausch mit Verbrauchern erschlossen, teils wird das aber auch durch die Industrie bestimmt. Eine wichtige Rolle spielen hierbei digitale Auswertungen.

Wie der Handel sich für das Klima einsetzt

Bei der Transformation von analog zu digital gehe es nicht darum, etwas abzulösen, sondern Themen weiterzuentwickeln – so startete Stefan Bien, CRO bei Offerista Group GmbH, seinen Vortrag zur Verantwortung des Handels bei den Themen Marketing und Klimakrise. Er ruft auf, das Konzept des CO2-Fußabdrucks im Bewusstsein der Entscheidungsträger zu verankern. Bien geht es um die Frage: “Wie geht klimabewusster Konsum und wie kann die Werbung das aufgreifen, ohne Greenwashing? Ob durch energieeffizientere Kühlregale oder das politische Engagement zum Klimaerhalt.” Offerista überprüft das Potenzial nachhaltiger Digitalisierung bei individuellen Zielgruppen im Handel. Die Anforderungen und Umstände der Verbraucher verändern sich so schnell, dass der LEH starke analytische Partner dafür braucht, um sich auf die ökologische Verantwortung zu konzentrieren.

Fernkost – das Erfolgskonzept von Rila

Bernd Richter, der Geschäftsführer des Kongress-Gastgebers RILA. Die Genussentdecker erinnerte in seinem Impulsvortrag daran, dass der Wunsch, Spezialitäten aus dem Ausland zu importieren, bereits seit Langem besteht. Was ehemals als Länderkonzept von dem Familienunternehmen Rila umgesetzt wurde, entwickelte sich mit der Zeit zum großen Trend Ethno-Food. Die Länderbereiche der Erlebnis-Marke Rila wurden mit den Jahren vielfältiger, ebenso wie die Möglichkeiten digitaler Datenanalysen für Produkt- und Promotionsoptimierung. Besondere Aufmerksamkeit gilt auch bei Rila dem Thema Nachhaltigkeit, denn es sei in der Food-Branche ein Überlebenszweck, sich damit auseinanderzusetzen, was passiert, wenn die Nachfrage die Verfügbarkeit übersteigt.

Mehr Mut zur Existenzgründung

Christian Sauer, CEO von Beeskin GmbH, gründete ein Start-up, das Nachhaltigkeit vorlebt: Beeskin produziert Bienenwachstücher, die Lebensmittel länger frisch halten und wiederverwendbar sind. Bei der Umsetzung seines Vorhabens profitiert Sauer von einem positiven Mindset und einer etablierten Kultur des Scheiterns. Bedeutete Insolvenz einst den finanziellen Ruin, so gilt sie nun durch stark verbesserte rechtliche Bedingungen für Existenzgrüner als Anlass für einen Neuanfang. “Man hat heute mit digitalen Mitteln die gesamte Welt als Kunde”, schwärmt Sauer. “Marktorientierung wird dank digitaler Tools sehr einfach und transparent.”

Praktisch Inszenierungsmöglichkeiten erleben

Am zweiten Kongresstag erlebten die Teilnehmenden unmittelbar, wie die Produktionsprozesse in drei Betrieben weiterentwickelt wurden: bei Menzi, einem traditionsbewussten Unternehmen für Vorratsgerichte aus unterschiedlichen Ländern, bei AVO, dem Spezialisten für Gewürze mit über 100 Jahren Unternehmensgeschichte, und bei Rila, der Unternehmensgruppe, die seit nunmehr über 50 Jahren internationale Gerichte nach Deutschland bringt. Den Blick hinter die Kulissen ermöglichen unter anderem Bernd Richter, der Geschäftsführer von Menzi und Rila, Sebastian Milberg aus dem Qualitätsmanagement und der Produktentwicklung bei Menzi, sowie Guido Maßmann, der Geschäftsführer von AVO.

Ready for take-off: ein Ausblick auf das Jahr 2022

Nach dem Take-Off ist vor dem Take-Off – die Planung für das Nachwuchskongress im Januar 2022 laufen schon auf Hochtouren. Am 27. und 28. Januar 2022 lädt das Symposium Feines Essen + Trinken die künftigen Führungskräfte des LEHs nach Berlin ein. Der thematische Fokus vereint die Themen Führungskultur und Digitalisierung: „Next Leadership Generation – Führen in Zeiten der Digitalen Transformation“.

 

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